Warum viele Ratgeber zu Burnout führen können

Einmal erkannt, dass Stress zu einem Problem geworden ist, führt der Weg zur schnellen Problemlösung oft über das Konsumieren von gutgemeinten Ratgebern. Davon gibt es viele, aber die wenigsten bieten eine echte Hilfestellung, weil sie die Betroffenen nicht an dem Punkt abholen, der ihnen ein Handeln ermöglicht.

Wer im Internet auf der Suche nach Hilfe gegen Stress ist, erhält in o,42 Sekunden ca. 25.500.000 Ergebnisse. Die Lösung scheint also nur einen Klick weit entfernt.
Aber schnell wird klar, dass viele der dort zu findenden Tipps, Tricks und Ratgeber für den Umgang mit Stress in der Regel nur an der Oberfläche kratzen und keine konkrete Hilfestellung bieten.

Doch woran liegt das?

Jemand der aufgrund der Folgen einer Stressdauerbelastung Hilfe beanspruchen will, ist oft nicht mehr dazu in der Lage diese gut gemeinten Ratschläge umzusetzen. Ein bisschen mehr Ruhe beispielsweise und ein bisschen mehr Achtsamkeit werden nichts an seiner Situation ändern. Im ungünstigsten Fall wird diese noch stressiger, weil sich die Tipps und Tricks doch so einfach lesen und man sie einfach nur umsetzen müsste.

Und genau hier ist das Problem:

Wer bereits die körperlichen Folgen von Dauerstress spürt, mit Demotivation zu kämpfen hat und an der Sinnhaftigkeit seines Tuns zweifelt, der kann mit verallgemeinerten Aussagen wenig anfangen. Er braucht konkrete Handlungshilfen, die ihn dort abholen, wo er sich gerade befindet, damit er aktiv ins Tun kommen kann.

Ein Beispiel: Wenn Stresshormone und hoher Blutdruck einen guten Schlaf verhindern, hilft es auch nicht, einem der hilfreichen Tipps zur folgen, früher schlafen zu gehen.

Die meisten der Tipps zur Reduzierung von Stress widmen sich den körperlichen Folgesymptomen und nicht der Ursache, dem Stressor. Um aber tatsächlich etwas an einer Stresssituation verändern zu können, muss man an die Basis, den Auslöser. Nur wer den eigentlichen Stressor kennt, hat eine Chance auf Veränderung.

Stressoren sind in der Regel Ereignisse, die zu einer Veränderung der Lebensumstände führen. Das kann ein plötzliches Ereignis oder ein schleichender Prozess sein. Insbesondere wenn stressige Situationen zu einer Dauerbelastung werden, hilft es zu wissen, was bei Stress im Körper passiert, um die Ursache von körperlichen Stressfolgesymptomen zu verstehen.

Wenn Dauerstress zu einer Umprogrammierung im Gehirn führt

Tritt ein stressendes Ereignis in unser Leben, agiert auch der heutige, moderne Mensch immer noch im Modus eines Steinzeitmenschen mit einer Flucht- und/ oder Abwehrhaltung. Das Stammhirn ist bei diesen Vorgängen immer beteiligt und startet sein Überlebensprogramm mit hormonellen und endokrinologischen Veränderungen.

Dabei werden zunächst im Gehirn anpassungs- und leistungssteigernde Hormone wie Adrenalin und Cortisol ausgeschüttet.
Dieser Hormoncocktail lässt unser Gehirn schneller arbeiten, verändert die Stoffwechsellage, befähigt die Muskulatur zu stärkeren Anstrengungen und verlangsamt die Verdauung.

Außerdem wird der Sexualtrieb nahezu eingestellt, denn alle Systeme sind auf Gefahr programmiert.

Wenn sich der akute Stress nun in einen Dauerzustand gewandelt hat, werden die hormonellen und neurologischen Informationen im Hirnstamm gespeichert, ebenso wie die daraus resultierenden Veränderungen in der Muskulatur (Dauerspannung) und der Organe, wie erhöhter Blutdruck oder eine flache Atmung.

Wenn der eigentliche Stressor (Auslöser) verschwindet, aber die damit verbundenen negativen Gefühle bleiben oder sich der akute Stressreiz in eine anhaltende Belastung gewandelt hat, dann wendet sich das Großhirn wieder anderen alltäglichen Aufgaben zu. Dabei wird jedoch die zuvor leistungssteigernde Hormonausschüttung wieder zurückgefahren: nach einer Dauerbelastungssituation häufig unter Normallevel.

Die Folgen sind unter anderem Antriebsarmut und Depressionen.
Deshalb reichen auch einfache Tipps wie Entspannungen oder auch ein einfaches Herausgehen aus der belastenden Situation nicht aus. Das Stammhirn muss nach Ende der Belastungssituation wieder aktiv umprogrammiert werden.
Um die negative Programmierung im Hirnstamm positiv zu überschreiben, benötigt es ein dauerhaftes Lösen der Stressreaktion. Die damit neu hergestellten Gefühle programmieren die vorhandenen negativen in positive um.

Eine Karte für den Weg durch Ihre Stresslandschaft

Ein erster Schritt zur Lösung seiner Stresssituation ist das Bewusstmachen dieser. Nur wer weiß, was ihn stresst, hat einen konkreten Ansatzpunkt, an dem er starten kann.

Hierfür eignet sich die praktische Übung der Stresslandkarte:

Auf einem Blatt Papier notieren Sie in der Mitte Ihren Namen. Um Ihren Namen herum schreiben Sie alle Personen, Themen, Aktivitäten und Aufgaben, die in Ihrem Leben eine Rolle spielen. Die Punkte und Personen, die Ihnen mehr bedeuten, sollten dabei in der Nähe Ihres Namens stehen, alle weniger wichtigen Punkte stehen weiter von Ihnen weg Richtung Papierrand.

Berücksichtigen Sie hierbei möglichst viele Dinge aus Ihrem Leben und nicht nur die vermeintlichen einzelnen Stressfaktoren wie Job oder Familie. Das ist hilfreich für die Gesamtdarstellung Ihrer momentanen Situation.

Im nächsten Schritt beurteilen Sie, wie sehr die einzelnen Punkte Ihnen Stress bereiten. 5 Punkte bedeuten einen hohen Stressfaktor, bei 0 Punkten fühlen Sie sich gar nicht gestresst.

Um Ihnen Ihre eigene Situation noch deutlicher zu machen, bewerten Sie außerdem jeden einzelnen Punkt danach, ob er Sie Kraft kostet mit einem Minus (-) oder Sie daraus Kraft schöpfen können mit einem Plus (+).

Das ist wichtig, um Stressfaktoren richtig zu identifizieren. Es kann sein, dass Sie eine Aufgabe oder Person mit einem hohen Stressfaktor bewerten, daraus aber Kraft schöpfen können. Das macht für die Bewusstwerdung Ihrer Situation und den daraus resultierenden Maßnahmen einen Unterschied, im Gegensatz zu einem hohen Stressfaktor, der Sie auch noch Kraft kostet.

Beispiel: Sie bewerten Ihre ehrenamtliche Tätigkeit mit einer 4, weil Sie neben Ihrem Job und der Familie zusätzliche Zeit aufwenden müssen, die Ihnen für persönliche Dinge fehlt. Da Sie darin aber Erfüllung finden und dementsprechend Kraft daraus ziehen können, ist es eine 4+.
Mit der Zuordnung und Bewertung aller Punkte erhalten Sie Ihre persönliche Stresslandkarte und einen Überblick über Ihre aktuelle Situation.

Haben Sie das Ergebnis so erwartet? Gibt es Überraschungen?

Wie auch immer Ihre Stresslandkarte aussieht, sie kann Ihnen einen Weg zur Veränderung aufzeigen: Welche Punkte haben eine 4- oder 5- und sind damit starke Stressfaktoren in Ihrem Leben? Diese gilt es sich genauer anzuschauen und nach Möglichkeiten einer Eliminierung zu suchen.

Auch wenn es Ihnen unmöglich erscheint, es gibt immer einen anderen Weg oder eine Alternative. Es mag sein, dass dieser Weg unkomfortabel und schwer ist, aber er lohnt sich – Ihrer Gesundheit zuliebe!

Diese und weitere praktische Übungen zur Vermeidung von Stressfolgeerkrankungen wie Burnout finden Sie hier in meinem kostenlosen E-Book.

Wenn Sie aktiv mit anderen, in einer Gruppe, zu Burnout Präventionsthemen wie Selbstwirksamkeit, Abgrenzung, Motivation und Resilienz zusammenkommen wollen, kann ich den Besuch eines ABCs (Andere Burnout Cafés) empfehlen. Dort finden einmal im Monat kostenlose Gruppentreffen statt. Das Düsseldorfer ABC wird von mir geleitet. Weitere Infos finden Sie hier.

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