Wie geht’s uns denn heute?

Gesetz zur psychischen Belastung am Arbeitsplatz

Der Arbeitgeber ist gesetzlich verpflichtet, frühzeitig Maßnahmen zu ergreifen, um chronischen Erkrankungen vorzubeugen. Bei der Beurteilung möglicher Gefährdungen sind explizit auch psychische Belastungen einbezogen (§ 5 ArbSchG). Arbeitnehmer dürfen Arbeitgebern auch eigene Vorschläge zum Gesundheitsschutz machen (§17 ArbSchG).

Was tun, wenn Arbeitsbedingungen krank machen?
Ausharren und hoffen, dass es besser wird, den Job wechseln oder Hilfe suchen?

Was tun, wenn die Unzufriedenheit oder Krankheitsquote der Mitarbeiter stetig steigt?
Ignorieren, neue Mitarbeiter suchen oder Ursachenforschung betreiben?

In beiden Fragestellungen kann das Arbeitsschutzgesetz Hilfestellung bieten.

Wenn man davon ausgeht, dass Mitarbeiter die wichtigste Ressource eines jeden Unternehmens sind, scheint der Schutz der Angestellten die einzig logische Konsequenz zu sein. Doch in der Praxis sieht es oft anders aus: Arbeitsbedingungen in Unternehmen können krank machen. Das ist trauriger Alltag und von zahlreichen Studien und Umfragen belegt.

Die gute Nachricht ist: Seit 1996 gibt es in Deutschland das Arbeitsschutzgesetzt für Angestellte und Auszubildende. Laut diesem Gesetz ist jeder Arbeitgeber dazu verpflichtet, alle Maßnahmen zum Schutz der Gesundheit und des Lebens seiner Angestellten zu treffen. Aber auch die Mitarbeiter werden in die Pflicht genommen, nach ihren Möglichkeiten den Unterweisungen des Arbeitgebers Folge zu leisten und für ihre Sicherheit und Gesundheit Sorge zu tragen.

Aus den Pflichten ergeben sich Rechte, und die Kombination aus beidem bietet Arbeitgebern und Arbeitnehmern die Möglichkeit, gesunde Arbeitsbedingungen zu schaffen.

Die weniger gute Nachricht ist, dass die wenigsten sich während ihrer beruflichen Laufbahn freiwillig mit den Inhalten des Arbeitsschutzgesetztes beschäftigen und gar nicht wissen, dass sie damit ein hilfreiches Instrument für gesunde Arbeitsbedingungen zur Verfügung haben.

Für eine menschengerechte Gestaltung der Arbeitsbedingungen

Ein detaillierter Blick in das Gesetz lohnt sich durchaus:

Die menschengerechte Gestaltung der Arbeit sowie die Verhütung von Unfällen und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren stehen im Fokus des ArbSchG.
Wenn Sie jetzt denken, dass damit hauptsächlich Unternehmen gemeint sind, in denen mit schweren Geräten, gefährlichen Maschinen oder giftigen Substanzen gearbeitet wird und das mit Ihren Arbeitsbedingungen im Büro wenig zu tun hat, dann stimmt das nur zur Hälfte.

Bis 2013 bezog sich die Gefährdungsbeurteilung laut Arbeitsschutzgesetz hauptsächlich auf physische Gefährdungen im Zusammenhang mit dem Betrieb, der Gestaltung des Arbeitsplatzes und der Auswahl der Arbeitsmittel wie Maschinen und Geräte.
Erst im Oktober 2013 wurde das Arbeitsschutzgesetz um die Gefährdungsbeurteilung von psychischen Belastungen ergänzt.
Aber schon vor 2013 hat das Arbeitsschutzgesetz mit der Formulierung menschengerechte Gestaltung der Arbeit jegliche Art der Belastungen, auch psychische, inkludiert.

Mit menschengerechter Gestaltung ist gemeint, dass jede Arbeit für den Arbeitnehmer ausführbar sein muss, ohne dass er Schaden nimmt, ohne Beeinträchtigungen und im besten Fall förderlich für die Persönlichkeit.

Es ist wissenschaftlich belegt, dass Beeinträchtigungen wie unverhältnismäßiger Leistungsdruck, Personal- und Zeitmangel, Stress und Konflikte effektive Arbeitsleistungen verhindern und die Potenzialentwicklung der Mitarbeiter einschränken. Wenn daraus Dauerbelastungen entstehen, machen sie im schlimmsten Fall sogar krank und führen zu Arbeitsausfällen.

Laut einer Umfrage der Krankenkassen arbeitet jeder dritte Berufstätige am Rande seiner Belastbarkeit und fühlt sich stark erschöpft.

Vorbeugen ist besser als heilen – Prävention durch Gefährdungsbeurteilung

Jeder Arbeitgeber wird durch das Arbeitsschutzgesetz verpflichtet, eine Beurteilung der Gefährdungen vorzunehmen, die für die Arbeitnehmer im Zusammenhang mit ihrer Arbeit entstehen können und außerdem alle erforderlichen Maßnahmen zur Prävention von Unfällen und chronischen Erkrankungen zu treffen. Ziel ist eine stetige Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Beschäftigten.

Wie genau diese Beurteilung vorzunehmen und zu dokumentieren ist, gibt das Gesetz nicht vor. So stehen Arbeitgeber vor der Frage, wie sie dem in der Praxis zufriedenstellend nachkommen können.

Physische Gefährdungen zu beurteilen, fällt dabei in der Regel oft leichter, weil sie offensichtlicher mit der Gestaltung des Arbeitsplatzes, der Auswahl und dem Einsatz von Maschinen und Arbeitsmitteln, Produktions- und Fertigungsverfahren oder unzureichender Qualifikationen von Mitarbeitern einhergehen.
Bei der psychischen Gefährdungsbeurteilung stoßen Arbeitgeber schneller an die Grenzen der zu identifizierenden Faktoren, da sie weniger offensichtlich sind wie defekte Maschinen, giftige Substanzen oder eine mangelnde Ausstattung des Arbeitsplatzes.

Das Schwierige bei der Beurteilung der psychischen Gefährdungen liegt in der subjektiven Wahrnehmung. Überstunden, Leistungsdruck, mangelnde Kommunikation und ein schlechtes Betriebsklima sind z.B. Faktoren, die sich negativ auf die Gesundheit auswirken können, sie werden aber von jedem Beschäftigten anders wahrgenommen.

Das Arbeitsschutzgesetz ist keine Einbahnstraße, sondern eine Chance

Und hier kommt §17 ArbSchG zum Tragen, der jedem Angestellten das Recht einräumt, seinem Arbeitgeber zu allen Fragen der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes Vorschläge zur Verbesserung zu machen. Das bezieht sich auf konkrete Anhaltspunkte bezüglich der vom Arbeitgeber getroffenen Maßnahmen oder dem Fehlen dieser, insbesondere für die subjektiv wahrgenommenen psychischen Belastungen

Das ist eine Chance, die viel zu selten ergriffen wird. Damit hat ein jeder die Möglichkeit, einen eigenen Beitrag für gesunde Arbeitsbedingungen zu schaffen und darüber hinaus seinem Vorgesetzten wertvolle Hinweise für die Gefährdungsbeurteilung von psychischen Belastungen zu geben, welche ein wichtiger Faktor für Maßnahmen zur Vermeidung von Fehlbelastungen sind.

Fakt ist, ungünstige Arbeitsbedingungen, insbesondere individuell wahrgenommene Faktoren, die psychische Belastungen darstellen, wie ungünstige Arbeitsabläufe, dauerhafte Überstunden, unzureichende Kommunikation, ständige Erreichbarkeit, wenige oder keine Pausen, schlechtes Arbeitsklima und Mobbing, wirken sich negativ auf die Gesundheit von Arbeitnehmern aus.
Hier gilt es zu sensibilisieren und vorzubeugen, um Folgen wie belastete Mitarbeiter, schlechtere Arbeitsleistungen und arbeitsbedingte Krankschreibungen zu vermeiden.

Auch wenn das Arbeitsschutzgesetz in erster Linie Arbeitgeber anspricht, lohnt sich besonders hinsichtlich psychischer Belastungen ein beidseitiger Austausch für ein gesundes Arbeitsklima.
Das kann für Arbeitnehmer das Aufzeigen von Missständen, die zu Dauerstress und psychischen Belastungen führen, beim direkten Vorgesetzten, dem Arbeitssicherheit Beauftragten oder Betriebsrat sein.

Die Ausbildung von Resilienz Lotsen kann für Arbeitgeber, neben dem Austausch mit seinen Führungskräften und Verantwortlichen zur Gefährdungsbeurteilung der psychischen Belastungen, eine bewährte Präventionsmaßnahme zur Gesunderhaltung der Mitarbeiter in seinem Unternehmen sein.

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